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Pruritus (Juckreiz): Definition, Ursachen, Diagnose & was wirklich hilft

Pruritus ist der medizinische Name für Juckreiz. Hier erfährst Du kurz&knapp, was dahintersteckt, wie Du die wichtigsten Ursachen erkennst und welche Behandlung – von einfachen Hausmitteln bis zu modernen Therapien – sinnvoll ist.

Zuletzt aktualisiert am · Lesedauer: 10 Minuten
Symbolbild: juckende Haut bei Pruritus
Symbolbild zum Thema Pruritus (Juckreiz)
Autorin: Jennifer Krause
Jennifer Krause
Expertin für Hautgesundheit

Was ist Pruritus?

Pruritus ist der medizinische Begriff für Juckreiz – ein unangenehmes Hautempfinden, das den Impuls zum Kratzen auslöst. Der Juckreiz kann kurzzeitig auftreten (akuter Pruritus) oder länger als sechs Wochen bestehen (chronischer Pruritus). Wichtig: Pruritus ist ein Symptom, keine eigene Krankheit. Dahinter können harmlose Auslöser wie trockene Haut stecken, aber auch behandlungsbedürftige Haut- oder Systemerkrankungen.

Gut zu wissen: Es gibt histaminvermittelte Juckreize (z. B. bei Allergie) und nicht-histaminvermittelte Formen (z. B. bei chronischer Nieren- oder Lebererkrankung). Das erklärt, warum Antihistaminika nicht immer helfen.

„Chronischer Pruritus braucht eine gezielte, stufenweise Therapie – Grundlage ist konsequente Pflege, ergänzt um je nach Ursache topische, systemische und manchmal neuartige zielgerichtete Behandlungen.“
— sinngemäß nach aktuellen europäischen Leitlinien (indirektes Zitat)

Häufige Ursachen & Risikofaktoren

Die Ursache entscheidet über die richtige Behandlung. Häufig sind:

UrsacheTypische Hinweise
Trockene Haut (Xerose)Feine Schuppen, Spannungsgefühl, Winter/Heizungsluft, häufig bei Senior:innen.
Atopische Dermatitis/EkzemEntzündete, gerötete Plaques, starker Juckreiz, oft in den Armbeugen/ Kniekehlen; familiäre Allergieneigung.
Allergie/UrtikariaQuaddeln, rascher Beginn nach Auslöser (Nahrung, Medikamente, Insektenstich).
Infektionenz. B. Krätze (starker nächtlicher Juckreiz, kleine Gänge), Pilzinfektionen, Kopfläuse.
SystemerkrankungenLeber-/Gallestau (cholestatischer Juckreiz), Niereninsuffizienz (urämischer Juckreiz), Eisenmangel, Schilddrüsenstörungen, Blutkrankheiten.
Neuropathischer/psychogener PruritusJuckreiz ohne klare Hautveränderung, Trigger durch Nerven- oder psychische Faktoren (Stress, Angst).
Medikamentez. B. Opiate, einige Krebs- oder Immuntherapien, Hormonpräparate.

Warum juckt es biologisch?

Reizstoffe (z. B. Histamin, Zytokine wie IL-31) aktivieren Nervenfasern in der Haut. Signale laufen über das Rückenmark ins Gehirn und lösen den Kratzimpuls aus.

Chronischer Juckreiz

Dauert das Ganze > 6 Wochen, sprechen Fachleute von chronischem Pruritus. Häufig steckt eine Grunderkrankung oder ein persistierender Entzündungsreiz dahinter.

Prurigo nodularis

Durch ständiges Kratzen entstehen harte Knoten – das nennt sich chronische Prurigo. Sie gilt als schwere Form im Pruritus-Spektrum.

Symptome: Wie fühlt sich Pruritus an?

Betroffene beschreiben Brennen, Kribbeln oder Stechen. Die Haut kann normal aussehen oder gerötet, schuppig und aufgekratzt sein. Kratzen lindert kurzfristig, verstärkt aber Entzündung, Hautbarriereschäden und Infektionsrisiko. Häufig juckt es abends und nachts stärker.

Diagnose: Welche Tests sind sinnvoll?

Zuerst zählt das Gespräch (Dauer, Auslöser, Medikamente, Vorerkrankungen) und die Hautinspektion. Je nach Befund folgen Laborwerte oder weitere Abklärungen:

FragestellungMögliche Untersuchungen
Allergie?Prick-/Epikutantest, IgE, Auslassversuche.
Leber/Galle?Leberwerte, Bilirubin, Gallensäuren; ggf. Sonografie.
Nieren?Kreatinin, eGFR, Harnstoff.
Blut/Endokrin?Blutbild, Ferritin/Eisen, TSH f. Schilddrüse.
Infektion?Hautabstrich, Mikroskopie, Pilzkultur; bei Krätze: Dermatoskopie.

Tipp: Wenn die Haut unauffällig ist, der Juckreiz aber stark und generalisiert, sollten systemische Ursachen gezielt gesucht werden.

Behandlung: Von Pflege bis Biologika

Die Therapie richtet sich nach der Ursache und folgt meist einem Stufenplan – von Basismaßnahmen bis zu spezialisierten Medikamenten:

1) Basis

  • Konsequente Feuchtigkeits- & Rückfettungspflege
  • pH-milde, duftfreie Reinigung, lauwarm duschen
  • Kühlen statt kratzen; kurze Nägel

2) Zielgerichtet lokal

  • Kortikosteroid-Cremes zeitlich begrenzt
  • Calcineurin-Inhibitoren (Tacrolimus/Pimecrolimus)
  • Gerbstoffe, Menthol, Polidocanol zur Linderung

3) Systemisch

  • Antihistaminika (v. a. bei Urtikaria/Allergie)
  • Gabapentinoide/Antidepressiva bei neuropathischem Pruritus
  • Moderne Therapien: z. B. Biologika/JAK-Inhibitoren bei atopischer Dermatitis; spezielle Optionen bei cholestatischem oder urämischem Pruritus (ärztlich abklären).

Hinweis: Medikamente immer ärztlich absprechen. Bei unklarer Ursache steht die Behandlung der Grunderkrankung (z. B. Leber, Niere, Blut, Schilddrüse) im Vordergrund.

Selbsthilfe & Alltagstipps

Sofort

  • Kühle Umschläge, Gel-Kühlpads (in Tuch wickeln)
  • Kurz duschen, lauwarm; selten baden
  • Baumwolle/Leinen tragen, tagsüber cremen

Nachts

  • Schlafzimmer kühler halten, Luft befeuchten
  • Baumwollhandschuhe, kurze Nägel, Bettwäsche glatt
  • Abendritual: rückfettende Pflege 30 – 60 Min. vor dem Schlaf

Stress

  • Entspannung: Atemübungen, Progressive Muskelrelaxation
  • Trigger-Tagebuch (Essen, Kleidung, Situationen)
  • Bei psychogenem Juckreiz: psychologische Unterstützung erwägen

Wann zum Arzt?

  • Juckreiz > 6 Wochen oder sehr stark
  • Juckreiz ohne sichtbare Hautveränderungen
  • Begleitsymptome: Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust
  • Gelbliche Haut/Skleren, dunkler Urin (Leber/Cholestase-Verdacht)
  • Nieren- oder Schilddrüsenerkrankungen bekannt
  • Schwangere mit generalisiertem Juckreiz

Besonderheiten: Schwangerschaft, Kinder, Ältere

Schwangerschaft

Juckreiz kann harmlos sein (Hautdehnung, Trockenheit), sollte aber bei Ausbreitung und besonders bei nächtlichem Ganzkörperjuckreiz ärztlich abgeklärt werden (intrahepatische Cholestase).

Kinder & Ältere

Kinder jucken oft bei atopischer Dermatitis. Ältere sind anfälliger für trockene Haut und Arzneimittel-Nebenwirkungen.

Vorbeugung & Hautpflege

  • Regelmäßig rückfettende Pflege, besonders nach dem Duschen
  • Duft- & alkoholarme Produkte, pH-mild
  • Kurze, lauwarme Duschen; Reibung vermeiden
  • Weiche, atmungsaktive Kleidung; Wollkontakt mindern
  • Ausreichend trinken, Wohnraum nicht überheizen

FAQ

Was ist der Unterschied zwischen Juckreiz und Pruritus?

Keiner – Pruritus ist der medizinische Fachbegriff für Juckreiz.

Hilft bei jedem Juckreiz ein Antihistaminikum?

Nein. Antihistaminika wirken vor allem bei histaminvermitteltem Juckreiz (z. B. Urtikaria/Allergie). Bei Leber-, Nieren- oder neuropathischem Pruritus sind andere Ansätze nötig.

Was tun bei Juckreiz ohne sichtbaren Ausschlag?

Zuerst Basismaßnahmen (Pflege, Kühlen). Bleibt der Juckreiz oder ist er stark/generalisiert, ärztlich abklären lassen (Blutwerte, Leber, Niere, Schilddrüse).

Warum juckt es nachts stärker?

Durch Temperatur- und Hormonrhythmus ist die Hautbarriere nachts oft durchlässiger; außerdem lenkt tagsüber mehr ab. Gute Schlafhygiene und Abendpflege helfen.

Ist Kratzen wirklich so schlimm?

Kratzen verletzt die Hautbarriere, fördert Entzündungen und Infektionen und kann einen Teufelskreis mit Knotenbildung (Prurigo) auslösen. Besser: kühlen, klopfen, eincremen.

Kurzfazit

Worum geht's bei Pruritus? Juckreiz ist ein Symptom – die Bandbreite reicht von trockener Haut bis zu Systemerkrankungen. Mit strukturierter Diagnostik und einem stufenweisen Therapiekonzept lässt sich die Mehrheit der Fälle gut lindern. Pflege, Auslöser-Management und bei Bedarf moderne Medikationen bilden die wirksamste Kombination.

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Mini-Glossar - Die wichtigsten Begriffe zu Pruritus

BegriffErklärung
PruritusMedizinischer Begriff für Juckreiz; kann lokal oder generalisiert auftreten.
XeroseFachbegriff für trockene Haut – sehr häufiger Auslöser für Juckreiz.
CholestaseGallestau; kann generalisierten, oft nächtlichen Juckreiz verursachen.
Neuropathischer PruritusJuckreiz durch Nervenstörung, oft ohne deutliche Hautveränderungen.
IL-31Entzündungsbotenstoff (Zytokin), der Juckreizbahnen mitsteuern kann.
Prurigo nodularisKnoten durch chronisches Kratzen; Teil des Pruritus-Spektrums.

Über den Autor

Autorin: Jennifer Krause
Jennifer Krause
Expertin für Hautgesundheit; spezialisiert auf patientenfreundliche Aufbereitung dermatologischer Themen.

Überprüft von: Hautwissen Kompakt Redaktion – Medizinische Redaktion & Qualitätssicherung.

Quellen & weiterführende Studien