Ursachen von Neurodermitis – einfach erklärt
Warum bekommt man Neurodermitis? In diesem Guide verstehst du ohne Fachchinesisch, wie Genetik, eine gestörte Hautbarriere, das Immunsystem und Alltagstrigger zusammenwirken – und was du daraus für deinen Hautalltag ableiten kannst.


Was ist Neurodermitis & warum ist die Ursache komplex?
Neurodermitis (medizinisch: atopische Dermatitis) ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung mit Phasen von Schüben und Ruhe. Sie zeigt sich durch Trockenheit, Juckreiz und oft gerötete, schuppige Areale. Wichtig ist: Eine einzelne „Hauptursache“ gibt es nicht. Stattdessen greifen mehrere Puzzleteile ineinander: genetische Veranlagung, eine anfällige Hautbarriere, ein empfindliches Immunsystem sowie Einflüsse aus Umwelt, Mikrobiom und Lebensstil. Je nachdem, wie diese Faktoren bei dir zusammenkommen, sehen Auslöser und Schweregrad unterschiedlich aus.
Kurz erklärt
Polyfaktoriell heißt: Viele Ursachen wirken zusammen. Das erklärt, warum Therapien häufig kombiniert werden und warum Trigger von Person zu Person variieren.
Nicht ansteckend
Neurodermitis ist nicht infektiös. Du kannst sie niemandem übertragen.
Onset
Meist beginnt die Erkrankung im frühen Kindesalter, kann aber auch später auftreten und wiederkehren.
Genetik & Hautbarriere: die Basis (u.a. Filaggrin)
Deine Haut ist wie eine Ziegelmauer: Zellen sind die Ziegel, Fette sind der Mörtel. Ein zentraler Baustoff ist das Protein Filaggrin. Varianten im FLG-Gen können dazu führen, dass weniger Filaggrin gebildet wird. Folge: Die Hautbarriere wird durchlässiger, Wasser verdunstet schneller und Reizstoffe dringen leichter ein. Bei einem Teil der Betroffenen ist genau das der Startpunkt, warum die Haut so sensibel reagiert. Genetik bestimmt das Risiko, löst aber nicht automatisch Schübe aus – dafür braucht es meist Trigger (siehe unten).
2 zu 1 – Schnellvergleich
Wenn Filaggrin fehlt
- Barriere wird löchrig
- Wasserverlust & Trockenheit
- Reizstoffe/Allergene dringen leichter ein
Was du tun kannst
- Konsequent rückfettend pflegen
- Duft-& Farbstoffe meiden
- Sanfte Reinigung, lauwarm, kurz
Merke
Genetik lädt die Pistole, Trigger drücken den Abzug. Beides gehört zusammen.
„Bei vielen Betroffenen ist eine Barriere-Schwäche der erste Dominostein. Wer die Barriere stabilisiert, nimmt Entzündungen den Nährboden.“
Immunsystem: Warum entzündet sich die Haut so schnell?
Bei Neurodermitis reagiert das Immunsystem überempfindlich. Gerät die Barriere außer Balance, „sieht“ das Immunsystem mehr Fremdstoffe auf der Haut. Es antwortet mit Entzündung, die sich als Juckreiz, Rötung und teils nässende Stellen zeigt. Dieser Kreislauf verstärkt sich selbst: Juckreiz führt zu Kratzen, Kratzen verletzt die Barriere, neue Entzündungsreize folgen. Moderne Medikamente zielen daher auf Entzündungssignale oder Juckreizbahnen ab – aber die Grundlage bleibt die tägliche Barrierepflege.
Mikrobiom & Umwelt: Was verschiebt das Gleichgewicht?
Auf gesunder Haut leben unzählige Mikroorganismen – das Mikrobiom. Gerät die Barriere ins Wanken, verändern sich diese Gemeinschaften. Bestimmte Keime (z. B. Staphylococcus aureus) können sich leichter ausbreiten und Entzündungen anfachen. Parallel wirken Umweltfaktoren wie trockene Heizungsluft, raue Wolle, schweißtreibender Sport, Reinigungs- und Duftstoffe sowie Allergene. All das sind keine „Ursachen“ im engeren Sinn, aber Trigger, die Schübe lostreten oder verlängern können.
Trigger | Möglicher Effekt | Was hilft im Alltag? |
---|---|---|
Trockene Luft/Kälte | Mehr Wasserverlust, Juckreiz steigt | Luft befeuchten, rückfettend pflegen, Duschzeiten kurz halten |
Wolle/raue Stoffe | Mechanische Reizung | Baumwolle/Seide, Etiketten abschneiden, lockere Passform |
Schweiß | pH-Verschiebung, Brennen | Kurz abduschen, abtupfen statt reiben |
Duft-/Farbstoffe | Irritation möglich | Duftfrei, wenige Inhaltsstoffe, Test an kleiner Stelle |
Hausstaubmilben/Pollen | Allergische Reaktion als Schubverstärker | Allergiemanagement, Housestaub reduzieren, Filter nutzen |
Stress/Schlafmangel | Hormonelle/neurale Einflusswege | Schlafroutine, Entspannung, Pausen einplanen |
Häufige Trigger im Alltag & wie du sie erkennst
Nicht jeder Trigger wirkt bei jeder Person gleich stark. Entscheidend ist, dein Muster zu erkennen. Das gelingt mit einem einfachen Trigger-Logbuch: Datum, Situation, Hautzustand (Skala 0–10), Maßnahmen, Ergebnis. Nach 2–4 Wochen siehst du Trends.
Schnell-Check
- Neue Pfleg/Waschprodukte? Zusammensetzung prüfen.
- Mehr Heizungsluft? Luftfeuchte 40–60 % anpeilen.
- Sport/Schweiß? Nach dem Training kurz abduschen.
- Stressphase? Mini-Routinen gegen Abendjuckreiz planen.
Wann ärztlich abklären?
Bei starkem Juckreiz, nässenden Ekzemen, Infektzeichen, Schlafstörungen oder wenn Selbstmanagement nicht ausreicht. Allergiediagnostik kann sinnvoll sein, wenn die Anamnese dafür spricht.
Mythen-Check: „Ist Neurodermitis ansteckend?“ & Co.
- „Ansteckend?“ Nein. Es handelt sich um eine entzündliche Erkrankung, nicht um eine Infektion.
- „Nur Kinder betroffen?“ Häufiger Beginn früh, aber auch Erwachsene sind betroffen; Rückfälle sind möglich.
- „Nur Allergie?“ Allergien können Schübe verstärken, erklären aber nicht alle Fälle. Barriere und Immunsystem spielen mit.
- „Ein Wundermittel löst alles?“ Unwahrscheinlich. Meist braucht es Kombi-Strategien: Pflege, Trigger-Management, ggf. Medikamente.
Praxis: Von der Ursache zur Strategie – dein 3-Schritte-Plan
- Barriere aufbauen: Täglich rückfettend pflegen, kurze lauwarme Duschen, milde Reiniger, Kleidung aus weichen Stoffen. Ziel: Wasser halten, Reizstoffe fernhalten.
- Trigger steuern: Duft-/Farbstoffe reduzieren, Luftfeuchte optimieren, Schweißmanagement, Stress-Schutzrituale. Ein Logbuch zeigt, was bei dir zählt.
- Entzündung behandeln: Nach ärztlichem Plan. Von Basispflege über antientzündliche topische Therapien bis hin zu modernen Wirkstoffen – je nach Schweregrad.
FAQ
Ist Neurodermitis vererbbar?
Es gibt eine genetische Komponente. Varianten u. a. im FLG-Gen erhöhen das Risiko. Ob die Erkrankung ausbricht, hängt zusätzlich von Barrierezustand, Immunsystem und Triggern ab.
Welche Rolle spielt das Mikrobiom?
Gerät die Barriere aus dem Gleichgewicht, verschiebt sich die Keimzusammensetzung der Haut. Bestimmte Keime können Entzündung fördern. Sanfte Pflege und Triggerkontrolle stabilisieren indirekt auch das Mikrobiom.
Kann Stress Schübe auslösen?
Ja, Stress kann über Nerven- und Hormonwege Juckreiz und Entzündung verstärken. Kleine, regelmäßige Entspannungsroutinen sind oft wirksamer als seltene „Großaktionen“.
Sind Allergien die Ursache meiner Neurodermitis?
Allergien sind ein möglicher Verstärker, aber nicht die alleinige Ursache. Eine sinnvolle Abklärung richtet sich nach deiner Vorgeschichte und den Symptomen.
Warum helfen rückfettende Cremes so gut?
Sie dichten die Barriere besser ab, reduzieren Wasserverlust und damit Juckreiz. Das gibt der Haut die Chance, sich zu beruhigen.
Kurzfazit
Ursachen von Neurodermitis – einfach erklärt: Genetik (u. a. Filaggrin), eine durchlässige Hautbarriere und ein überaktives Immunsystem bilden die Grundlage. Schübe entstehen meist, wenn darüber hinaus Trigger wie trockene Luft, Schweiß, Reizstoffe, Allergene oder Stress dazukommen. Wer Barrierepflege konsequent umsetzt und persönliche Trigger kennt, gewinnt im Alltag spürbar Kontrolle.
Mini-Glossar – Die wichtigsten Begriffe zu Neurodermitis-Ursachen
Begriff | Erklärung |
---|---|
Filaggrin | Strukturprotein in der obersten Hautschicht; hilft, die Barriere dicht zu halten. Varianten im FLG-Gen erhöhen das Risiko für Neurodermitis. |
Hautbarriere | Schutzschicht der Haut aus Zellen und Fetten; verhindert Wasserverlust und das Eindringen von Reizstoffen. |
Mikrobiom | Gesamtheit der Mikroorganismen auf der Haut; im Gleichgewicht schützt es, bei Dysbalance kann es Entzündung fördern. |
Trigger | Auslöser/Verstärker von Schüben, z. B. trockene Luft, Schweiß, Duftstoffe, Allergene, Stress. |
Juckreiz-Kreislauf | Teufelskreis aus Trockenheit → Juckreiz → Kratzen → Verletzungen → Entzündung → mehr Juckreiz. |
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Überprüft von: Hautwissen Kontakt Redaktion – Medizinjournalismus und Qualitätsmanagement.
Quellen & weiterführende Studien
- S3-Leitlinie „Atopische Dermatitis (Neurodermitis)“ (AWMF-Register 013-027), Version 4.3, Stand: 16.06.2023, gültig bis 15.06.2028. PDF: https://register.awmf.org/assets/guidelines/013-027l_S3_Atopische-Dermatitis-AD-Neurodermitis-atopisches-Ekzem_2024-01.pdf
- National Eczema Association: „Atopic Dermatitis – Causes“. https://nationaleczema.org/types-of-eczema/atopic-dermatitis/
- National Eczema Association: „Eczema Facts & Statistics“. https://nationaleczema.org/eczema-facts/
- Mayo Clinic: „Atopic dermatitis (eczema) – Symptoms and causes“, aktualisiert 15.05.2024. https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/atopic-dermatitis-eczema/symptoms-causes/syc-20353273
- Zakiudin DP et al. „Filaggrin Mutation Status and Prevention of Atopic Dermatitis“, 2024 (Open Access). https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11064679/